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... sondern wir fressen ihren
"Wir müssen die Wale dezimiere, weil sie zu viel Fisch fressen, weil sie UNS die Fische wegfressen", ist ein beliebtes Argument der Walfangbefürworter. Doch sind es wirklich die Meeressäuger, die dafür verantwortlich gemacht werden können? Abgesehen davon, dass manche Arten sich nur von kleinen Krebschen, dem Krill ernähren - haben die Wale nicht auch schon zu den Zeiten, als sie noch zahlreich waren, Fische gefressen, ohne den Bestand zu gefährden? Tatsächlich ist eher das Gegenteil der Fall. Durch den rücksichtslosenden Raubbau des Menschen, wird mittlerweile den fischfressenden Meerestieren die Nahrungsgrundlage entzogen. Das ökologische Gleichgewicht der Weltmeere ist durch die industrielle Fischerei vollkommen ins Ungleichgewicht geraten. 
Fische werden vom Menschen als "natürliche Ressourcen" betrachtet, so
als seien sie Weizen oder Tomaten und keine Tiere. Vielleicht liegt es daran, dass uns ihr Lebensraum fremd ist, dass ihnen Mimik und für uns wahrnehmbare Lautäußerungen fehlen, oder dass sie noch andersartiger sind als Kühe oder Schweine. Doch nur, weil wir nicht in der Lage sind, ihre Ausdrucksmöglichkeiten zu verstehen, bedeutet noch lange nicht, dass Fische nicht Schmerz und Leid empfinden können. Zudem haben Wassertiere genauso ein Recht auf ein Leben in Unversehrtheit wie Hunde, Pferde, Wale oder andere Tiere. Doch Fische werden in so gigantischem Ausmaß gequält und getötet, dass man sie nicht einmal als Individuen zählt, sondern die Mengen in Tonnen angibt. Das ist so, als würde man von 250.000 Tonnen Einwohnern in Berlin sprechen.

Plünderung der Meere

Sie werden mit moderner High-Tech-Methoden wie Echolot, Radar und Satelliten geortet und von riesigen Fabrikschiffen verfolgt. Ungeheure Schleppnetze, so groß, dass 15 Einfamilienhäuser darin Platz hätten, verschlingen ganze Schwärme. Grundschleppnetze löschen alles Leben am Meeresboden aus. Was nicht in den Netzen landet, wird durch die schweren Rollen am Boden zerquetscht. Kilometerlange Treibnetze spannen sich durch die Ozeane. Reusen und Stellnetze machen jeden Küstenstrich zur Todesfalle. Köder an Langleinenangeln locken sie in den Tod. Sie werden mit abgerichteten Kormoranen gefangen, mit Speeren aufgespießt oder in Buchten getrieben und dort abgeschlachtet. Es gibt keine Region der Weltmeere, in denen Fische vor dem Menschen sicher sein könnten. Die Ausbeute der globalen Fischzüge stieg von 20 Millionen Tonnen im Jahr 1948 auf heute 100 Millionen Tonnen. Doch in den letzten Jahren stagnieren die Fangmengen. Die Fischereimethoden werden immer ausgeklügelter, aber die reiche Beute bleibt heute immer öfter aus. Wen wundert es. Der Mensch zahlt jetzt für den jahrzehntelangen Raubbau an den Weltmeeren seinen Zoll. Die Fischbestände schwinden überall.

Kriegsähnliche Zustände

Bis noch in die 60er Jahre galt für die Hochseefischerei die "Freiheit der Meere", hielt man der Reichtum der Ozeane für unerschöpflich. Außerhalb der Territorialgewässer (3 bis 12 Seemeilen) der Küstenstaaten durfte jeder fischen wo und wie viel er wollte. Als sich erste Anzeichen der Überfischung zeigten, beanspruchten immer mehr Staaten 200-Meilen breite Fischereizonen. Durch die Aufteilung der Meere kam es zwischen manchen Nachbarstaaten wie Island und Großbritannien ("Kabeljau-Krieg") oder Spanien und Frankreich zu

kriegsähnlichen Auseinandersetzungen. Der Gründe waren hierfür freilich nicht ökologische oder gar tierschützerische, sondern ausschließlich wirtschaftlicher Natur. Man wollte die schwindenden Fischgründe nur noch selbst ausschlachten. Auch heute geht das Kampf um die Küstenzonen weiter. Die Hochseetrawler lauern oftmals vor den Hoheitsgebieten anderer Länder und fangen wandernde Fischschwärme ab, bevor sie die Küstengewässer erreichen. Nicht nur ärmere Länder in Afrika oder Südamerika verkaufen ihre Fischgründe an die High-Tech-Flotten der Industrienationen. Island hat beispielsweise seine Hoheitsgewässer an ostasiatische Thunfischfänger "verpachtet", da der Inselstaat selbst keine Ausrüstung zum Thunfischfang hat. Weite Regionen der Hochsee im Atlantik, Pazifik und Südpolarmeer sind seerechtlich ungeschützt, das heißt sie werden noch rücksichtsloser ausgeplündert als die Küstenregionen. 

Netze selektieren nicht

Eine weitere Maßnahme die Fischgründe zu schonen, die allerdings genauso wenig funktioniert wie die Meilenzonen, ist das Quotensystem, das von vielen Ländern und internationalen Organisationen eingerichtet wurde. Danach dürfen nur bestimmte Fischarten in bestimmten Gebieten gefangen werden. Doch selbst wenn sich alle Fangflotten daran halten würden, fordert dieses System letztendlich noch viel mehr Tierleben als die Fischerei ohnehin. Einem Grundschleppnetzfischer mit einer Quote für Schollen zum Beispiel gehen natürlich auch Seezungen, Flundern, Seesterne, Krebse und andere am Boden lebende Tiere ins Netz. Die unerwünschten Tiere, der so genannte Beifang, wird aussortiert und – tot – über Bord geworfen. Die gleiche Problematik besteht natürlich auch für die pelagische (im freien Wasser) und Küstenfischerei. Netze selektieren eben nicht. Schätzungen zufolge gehen 20 bis 60 Prozent des weltweiten Fangs wieder über Bord.

Heimtückische Todesfallen

Jedes Jahr werden etwa 30 Millionen Tonnen, also 30 Prozent des weltweiten Fanges, zu 6,5 Millionen Tonnen Fischmehl und 1,2 Millionen Tonnen Fischöl verarbeitet. Bei der so genannten Gammelfischerei werden mit engmaschigen Netzen hauptsächlich Sandaale, Makrelen und andere kleine Fische tonnenweise aus dem Meer gesiebt. Milliarden kleiner Wassertiere enden so als Futter für Schweine, Hühner und Lachse oder landen als Fischöl in Margarine (deklariert als "tierische Fette"), Kerzenwachs oder Heizöl.
Heute gelten 25 Prozent der Fischbestände als überfischt. Doch der gnadenlosen Ausbeutung der Ozeane fallen nicht nur Fische zum Opfer, sondern jährlich auch Hunderttausende von Delfinen, Kleinwalen, Robben, Seevögeln und Schildkröten. Sie bleiben in den Netzen hängen und ertrinken qualvoll. Seehunde, Vögel und größere Fische verhungern, weil ihnen die Lebensgrundlage entzogen wird. Besonders tückisch sind verloren gegangene Netze, die über Jahre hinweg zu Todesfallen für Meerestiere und Vögel werden. Industrieabwässer, Schwermetalle und Pestizide vergiften den Lebensraum der Meerestiere. Die Weltmeere sind zur Kloake des Menschen verkommen. Das ganze Ökosystem Meer droht zusammenzubrechen. Ein wirkliches Umdenken ist nicht in Sicht.
Quelle: tierrechte 4/02